Ursprünglich war ein ganz anderes Fotoprojekt geplant.
Während einer Rundreise durch Rumänien, Albanien, Ungarn und den Kosovo sollten Aufnahmen für das Projekt "altes Europa - neue Grenzen" entstehen. Mitrovica/Mitrovicë übte als geteilte Stadt eine unglaublich starke Faszination und Anziehungskraft auf mich aus: ein Fluss, der die Stadt unterteilt in den albanischen und serbischen Sektor, Militär auf den Straßen und schließlich die Notiz über ein Roma-Auffangslager im Norden der Stadt.
Durch Zufall kam ich nach langen Gesprächen in Cafés und Bars in Kontakt mit Hiljmnijeta. Apuks Hilfsorganisation "Little People of Kosovo", die mir den Zutritt zu den Lagern Mitrovica und Cesmin Luc ermöglichen sollte. Gleich zu Anfang habe ich Ershan getroffen, einen kleinen Jungen, der für meinen Aufenthalt im Auffanglager mein "Fremdenführer" wurde, mich seiner Famile und seinen Freunden vorstellte und mich in jeden Winkel der Lagers schleifte. In gebrochenem Englisch und mehr mit Händen und Füßen erzählte er mir die tragischen Familiengeschichten: Wie Linditas kleienr Sohn Besmir durch die fortgeschrittene Bleivergiftung schleichend verrückt wurde und eines Tages im Fluss ertrank, weil er einen Fisch fangen wollte, der im Licht glitzerte. Dass sein Freund nun schon seit Tagen nicht mehr zum spielen käme, ja nicht einmal mehr sein Bett verlassen würde, weil die Krankheit ihn so ermüde. Dass er und seine Familie sich oft tagelang nur von billigen, überzuckerten Limonaden ernähren: das Trinkwasser ist verseucht, das Wasser im Fluss noch viel mehr und für Lebensmittel fehlt viel zu oft das Geld. Die Limonade hilft da wenigstens ein bisschen vor der totalen Unterzuckerung und Ershans Mutter kann sich sicher sein, dass sie der Gesundheit ihrer Kinder nicht dem Maße schadet wie das Wasser, das im Lager aus den wenigen Leitungen fließt.