Am meisten vermisse sie ihre Kinder, sagt die junge Frau im Tuberkulose-Krankenhaus in Balti. Sie wird hier seit über einem Jahr behandelt, multiresistente Tuberkulose. Noch ist kein Behandlungserfolg sichtbar, deshalb darf sie ihre Kinder bei den seltenen Besuchen auch nicht in den Arm nehmen. In einem anderen Flügel des Krankenhauses von Balti, ungefähr 150 km nördlich der Hauptstadt Chisinau gelegen, befindet sich die MDR-Station. Dort liegen die Fälle, die eine extreme Multiresistenz entwickelt haben, meist zu mehreren auf karg eingerichteten Zimmern. Hatte man vor seiner Einweisung keine multiresistente Tuberkulose, bekommt man sie hier von anderen Patienten. Nach dem Zerfall der Sowjetunion entstanden mit den neuen Staaten auch neue Grenzen. Und diese verhinderten die Verteilung von Tuberkulose-Medikamenten, sodass an vielen Orten nicht alle notwendigen Medikamente vorlagen. Die Ärztenahmen die vorhandenen und behandelten weiter. Diese Art der Behandlung war unzureichend und es entstanden Resistenzen gegen verschiedenste Medikamente. Durch mangelhafte Diagnostik war in der Folgezeit unklar, gegen welche Medikamente die Resistenzen entstanden waren, sodass weitere herausgezüchtet wurden, so stieg der Anteil sogenannter multiresistenter Erreger immer weiter. Die betroffenen Patienten mussten mit den sehr viel schlechteren (und sehr viel teureren) Medikamenten der zweiten Linie behandelt werden, und auch gegen diese entwickelten sich sehr bald Resistenzen. Auch und besonders in den Gefängnissen leiden die Insassen in vielen Fällen an Tuberkulose. In den Zellen sind meistens mehrere Gefangene gleichzeitig eingesperrt, und wenn einer zu husten anfängt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die anderen ebenfalls anfangen.Das Elend und die fatalen Auswirkungen der Tuberkulose auf sämtliche Lebensbereiche der Betroffenen und ihrer Familien verschwinden oft hintere den epidemiologischen Zahlen und länderbezogenen Untersuchungen, wie zum Beispiel im Fall der 21-Jährigen Patientin Tatjana, die nach einer falschen Diagnose einen massiven TB-Ausbruch in Zusammenhang mit einer Nicht auskurierten Meningitis erlitt und nur 48 Stunden nach ihrer Noteinlieferung in das Zentralkrankenhaus in Chisinau verstarb. Sie hinterlässt eine einjährige Tochter, die jetzt von ihrer jüngeren Schwester aufgezogen werden muss. Ihre Familie, die sie manchmal mit etwas Geld für Essen unterstützte, lebt in bitterster Armut in einem kleinen Dorf in der Nähe der Grenze zwischen Moldawien und Rumänien. Ein Schicksal unter vielen...